Kontakt: Dr. Regine Hess
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Habilitationsprojekt möchte die Forschungslücke in der Entwicklungsgeschichte der Bauausstellung vom Historismus bis zur Postmoderne schliessen.
Von der ersten Deutschen Bau-Ausstellung in Dresden 1900 über die Weissenhofausstellung 1927, die Interbau Berlin 57 und die IBA 87 sind Bauausstellungen zu Massenereignissen geworden, die immer grössere Areale der Stadt besetzten. Im Projekt werden die Ausstellungen als kuratorische Praxen verstanden, die mit architektonischen, konstruktiven und gestalterischen Strategien experimentieren. Mit einer halben Million Besucher*innen 1927 in Stuttgart, sieben Millionen bei «Schaffendes Volk» in Düsseldorf 1937 und 1,4 Millionen 1957 in West-Berlin boten sie ein breit rezipiertes Forum für Diskussion und Propaganda von aktuellen Bauweisen und technischen Innovationen. Auch die bisher kaum beachteten Gartenausstellungen wie die Reichsgartenschau 1939 in Stuttgart und die Bundesgartenschau 1955 in Kassel lieferten Vorbilder urbaner Landschaftsarchitektur für die Neugestaltung der Städte nach 1945. All diese Ausstellungen wurzeln in Vorgängerschauen, die sich in Deutschland im Schatten der Weltausstellungen des 19. Jahrhundert formierten und deren kuratorischen Konzepte transformierten.
Im Projekt werden die Ausstellungen mit ihren Hallen, Dörfern und Gärten nicht nur als Kommunikationsplattformen des Bauwesens und des sich wandelnden Status von Architektur und Technik, sondern auch als Modelle von Gesellschaftsordnungen und globalen Beziehungen analysiert.
Das Forschungsprojekt hat drei Ziele: Darzustellen, wie Bauausstellungen der Demonstration von Innovationen im Bauen, Wohnen und in der Landschaftsarchitektur dienten; zu zeigen, wie die Ausstellungsorganisator*innen Architektur als Mittel zur Erkenntnis der «veränderten materiellen, sozialen und geistigen Struktur» instrumentalisierten und in Ausstellungsarchitektur übersetzten, um den «Kampf um neue Lebensformen» zu artikulieren (Ludwig Mies van der Rohe 1927). Schliesslich ist der Wandel der soziopolitischen Strukturen herauszuarbeiten, wie er sich an Bauten, Exponaten, Konzepten, Displays und dem Handeln der Akteur*innen zeigt. Da permanente und temporäre Anteile von Bauausstellungen betrachtet werden, gibt die Studie auch einen Überblick über ihr vielfältiges Erbe.