Architektur und Farbe seit 1960

Projektleitung: PD Dr. Robin Rehm

Das Projekt analysiert das Problem der Farbe in der Gegenwartsarchitektur in zweierlei Hinsicht: 1. Die rapide sich entwickelnde Chemieindustrie bewirkt einen quantitativ und qualitativ gewandelten Einsatz der Farbe in Aussen- und Innenräumen. Im Unterschied zum tradierten Wandmalereihandwerk kommen effiziente Farbmittel auf den Markt, wie etwa ohne Aufwand einsetzbare Dispersionsfarben und chemisch fabrizierte Ölfarben. Untersucht wird die Entwicklung der Farbenchemie und ihre Auswirkung auf die Architekturfarbigkeit in den 1970er und 1980er Jahren genauso wie der Gebrauch von Kunststoffen und Tapetenprodukten. Dazukommen Verfahren des Eloxieren und andere Oberflächenveredelungen, die die Erscheinungsweise der Architektur entschieden verändern. Nicht mehr das Material an sich sondern die synthetische Erscheinung dominiert. 2. Die Verabschiedung von Leitbildern der Moderne, die man in den 1960er Jahren als überkommen erachtet, rufen gewandelte Farbkonzepte der Architekturgestaltung hervor. Wichtig werden Farbauffassungen ohne konventionell verstandene ästhetische Prinzipien. Neben den auf die Wahrnehmung bzw. Sinnestäuschung zielenden Konzepten gewinnt die informationsästhetische und soziologische Verständnisweise der Farbe an Bedeutung. Signaletik tritt hinzu. Infolge sozialer Reformen begleiten Farben Alltag und Freizeit. Ihr gestalterischer Einsatz verändert sich aufgrund zunehmender Technisierung. Insbesondere der Eintritt in die digitale Steuerung von farbigem Licht sorgt für einen tiefgreifenden rezeptionsästhetischen Umbruch. In den letzten zwei Dekaden bestimmt Computer generierte Lichtsimulation das farbige Erscheinungsbilds der Architektur: Farbige Codes kooperieren mit marktwirtschaftlichen Erwägungen und steuern die emotionale Wirkung von Hightech-Konstruktionen.

Publikationen zum Thema

Robin Rehm, «Der Parthenon in Rot. Sempers Farbenarchäologie», in: Polychromie & Wissen, hg. v. Uta Hassler, München 2019, S. 40–59.

Robin Rehm, «‹Apfelgrün für den Teint und Toilette der Damen›. Semper, Chevreul und der Farbenkontrast», in: Maltechnik & Farbmittel der Semperzeit, hg. v. Uta Hassler, München 2014, S. 46–57.

Robin Rehm, «Farbenwissen des Fin de siècle. Zum Unterricht in der Farbentheorie an den Bauhochschulen», in: Maltechnik & Farbmittel der Semperzeit, hg. v. Uta Hassler, München 2014, S. 58–71.

Robin Rehm, «Geometrisches Ornament und erster Stil. Bruno Tauts farbige Fassadengestaltung der Siedlung Falkenberg», in: La conservatione delle policromie nell’architettura del XX secolo / Conservation of color schemes in 20th Century architecture, a cura di / ed. by Giacinta Jean, Lugano 2013, S. 140–159.