Die Pfauenbühne erhalten!

08.01.2021

Der historische Theatersaal des Schauspielhauses Zürich ist nach dem Beschluss des Zürcher Stadtrates vom Abriss bedroht. Wir unterstützen die Bemühungen des Heimatschutzes und weiterer Kreise zum Erhalt des historischen Theatersaals am Pfauen und fordern den Zürcher Stadtrat auf, seine Abrisspläne zugunsten eines dem Denkmal angemessenen Sanierungskonzeptes zu revidieren.

© Bauforschung und Konstruktionsgeschichte, ETH Zürich. 2020. Fotografen: Valentin Gillet und Wilko Potgeter.

© Bauforschung und Konstruktionsgeschichte, ETH Zürich. 2020. Fotografen: Valentin Gillet und Wilko Potgeter.

Die Pfauenbühne erhalten – als kultur-​, theater-​ und konstruktionsgeschichtliches Denkmal!

Der Zürcher Stadtrat besteht auf dem Abbruch des historischen Theatersaals des Schauspielhauses Zürich, obwohl viele Gründe gegen diese geschichtsvergessenen und unnötigen Pläne sprechen. Prominente Theaterleute mit profunder Kenntnis der deutschsprachigen Bühnen haben bereits mit Entsetzen und Befremden auf die uneinsichtige Haltung der Stadt reagiert und auf die historische Bedeutung des Theatersaals insistiert: Es ist der Ort, an dem in der Zeit des Nationalsozialismus die deutschsprachige Theaterwelt Widerstand gegen die Barbarei leistete, und es ist die Bühne, auf der grosse Erstaufführungen – u.a. die Werke von Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt – stattfanden.

Der «Pfauen» in Zürich bietet darüber hinaus aber auch exemplarisch wie selten die Möglichkeit, die Geschichte des Theaterbaus am Bauwerk selbst wie in den Schichten einer archäologischen Stätte abzulesen: Der Ursprungsbau von Chiodera und Tschudy von 1889 stand konstruktiv noch ganz in der Tradition des 19. Jahrhunderts mit seinem mit Bohlenbögen und verputzter Lattung konstruierten Scheingewölbe, ein Bauwerk, ganz auf Transienz angelegt, wie es dem damals noch theaterskeptischen, streng reformierten Zürich entsprach. Auf die architektonische und technische Höhe der Zeit brachten den Saal dann 1899 die versierten Wiener Theaterarchitekten Helmer & Fellner: Die Decke des Zuschauerraums wurde nicht nur ästhetisch modernisiert, sondern auch durch die Wahl einer an Eisenträgern aufgehängten Rabitz-​Konstruktion (einer leichten Drahtgitter-​Putz-Schale) brandschutztechnisch auf den neuesten Stand gebracht – ganz ähnlich wie beim Opernhaus. Die Rabitzbauweise erlebte damals gerade ihre höchste Blüte, da das sie schützende Patent eines Berliner Maurermeisters soeben erloschen war.

Das am Dach befestigte ursprüngliche Gewölbe wurde beim Umbau 1899 nicht zerstört. Eine weitere Schicht fügte man der Kuppelkonstruktion hinzu, als das Haus 1926 ein weiteres Mal durchgreifend und doch schonend modernisiert wurde – wiederum in Rabitzkonstruktion. In der Zeit des Expressionismus griff man gerne wieder auf diese Bauweise zurück, da sie eine fast beliebige Formgebung gestattete. Die dritte Decke wurde einfach unter die zwei älteren gehängt. Somit ist der «Pfauen» trotz seiner regen Umbaugeschichte in weniger als einem halben Jahrhundert ein unglaublich reichhaltiges Dokument der Theaterbautechnik, dessen Substanz unter allen Umständen erhaltens-​ und schützenswert ist.

Jenseits der kulturgeschichtlichen, bauforscherischen und denkmalpflegerischen Gründe, die für den Erhalt des Objektes sprechen, stellt sich aber auch die Frage nach der Angemessenheit und Notwendigkeit der nun geplanten Massnahmen – gerade im Hinblick auf die Entwicklungen im vergangenen Jahr 2020. Ist die Grossinvestition in den vollständigen Umbau des Gebäudes tatsächlich angebracht, wenn man die aktuelle Situation der Kulturschaffenden bedenkt? Wäre es nicht sinnvoller, nun eher in «die Menschen und ihre Kunst» zu investieren, als ihnen auch noch für längere Zeit ihr Haus zu nehmen?

Die unterzeichnenden Hochschullehrer*innen der Denkmalpflege, Baugeschichte, Architektur-​ und Kunstgeschichte unterstützen die Bemühungen des Heimatschutzes und weiterer Kreise zum Erhalt des historischen Theatersaals am Pfauen und fordern den Zürcher Stadtrat auf, seine Abrisspläne zugunsten eines dem Denkmal angemessenen Sanierungskonzeptes zu revidieren.

Initiative


Prof. Dr.-​Ing. Stefan M. Holzer, Professor für Bauforschung und Konstruktionsgeschichte, ETH Zürich

Prof. Dr. Carola Jäggi, Kunsthistorisches Institut der Universität Zürich

Prof. Dr.-​Ing Silke Langenberg, Professorin für Konstruktionserbe und Denkmalpflege, ETH Zürich

Prof. Dr. Hans-​Rudolf Meier, Professur Denkmalpflege und Baugeschichte, Bauhaus-​Universität Weimar

Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner Schweiz


Prof. Dr. Tom Avermaete, Professor für Geschichte und Theorie des Städtebaus, ETH Zürich

Elisabeth Boesch, Boesch Architekten, Zürich

Prof. Martin Boesch, Professor für Architektur, Accademia di Architettura Mendrisio

Univ. Prof. Dr. phil. Nott Caviezel, Professur für Denkmalpflege und Bauen im Bestand, Technische Universität Wien, ehem. Präsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege

Prof. Dr. Bernhard Furrer, ehem. Präsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege, Bern

Prof. Franz Graf, Professor für Entwurf und Technologie, Università della Svizzera italiana und a.o. Professor für Theorie und Entwurf, EPFL

Prof. Fabio Gramazio, Professor für Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich

Prof. Dr. Sonja Hildebrand, Prorettrice per la Ricerca nelle scienze umane e per le pari opportunità USI

Prof. Dr. Walter Kaufmann, Departement Bauingenieurwissenschaften, ETH Zürich

Prof. Christian Kerez, Professor für Architektur und Entwurf, ETH Zürich

Prof. Matthias Kohler, Institut für Technologie in der Architektur, ETH Zürich

Prof. Dr. Georg Mörsch, Emeritus, Institut für Denkmalpflege, ETH Zürich

Prof. Dr. Daniela Mondini, Istituto di storia e teoria dell’arte e dell’architettura, Università della Svizzera italiana

Prof. Dr. Stanislaus von Moos, Emeritus, Lehrstuhl für moderne und zeitgenössische Kunst, Universität Zürich

Prof.em.Dr.Dr.h.c. Ákos Moravánszky, Emeritus, Architekturtheorie, Institut gta, ETH Zürich

Prof. Dr. Bernd Nicolai, Direktor Abteilung Architekturgeschichte und Denkmalpflege, Kunsthistorisches Institut, Universität Bern

Milena Isaak, Architekturstudentin, ETH Zürich

Dr.-​Ing. Eva Schäfer, Dipl. Arch. ETH, Architekturhistorikerin, Denkmalpflegerin und Dozentin Universität Bern

Prof. Dr. Joseph Schwartz, Professor für Tragwerksentwurf, ETH Zürich

Prof. Annette Spiro, Professorin für Architektur und Konstruktion, ETH Zürich

Prof. Dr. Laurent Stalder, Professor für Architekturtheorie, ETH Zürich

Andreas Thuy, MSc Arch ETH, Dozent ad interim Professur Peter, ETH Zürich

Christine Wilkening-​Aumann, ehem. Mitarbeiterin des Instituts für Denkmalpflege und Bauforschung, ETH Zürich

Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner International


Dr.-​Ing. Bernd Adam, Garbsen

Prof. Dr. Hansgeorg Bankel, ehem. Professor der Hochschule München

Prof. Dr.-​Ing. Matthias Beckh, Technische Universität Dresden

Simone Bogner M.A. M.Sc., Wissenschaftliche Koordination & Geschäftsführung DFG-​Graduiertenkolleg Identität & Erbe

Ulrich Borgert, Berlin

Dr. phil. Anette Busse, Stellv. Studienleitung und Geschäftsführung Postgradualer Masterstudiengang Altbauinstandsetzung, Karlsruher Institut für Technologie

PD Dr. Sabine Brinitzer M.A., Privatdozentin für angewandte Architekturgeschichte, TU Kaiserslautern

Prof. Dr. Stefan Bürger, Professur für Kunstgeschichte, Julius-​Maximilians-Universität Würzburg

Prof. Dr. Berthold Burkhardt, Emeritus, Professur für Tragwerksplanung, TU Braunschweig

Dr. Franko Coric, Dozent, Abteilung für Kunstgeschichte, Philosophische Fakultät der Universität Zagreb

Prof. Dr.-​Ing. Dr.-​Ing. E.h. Manfred Curbach, Technische Universität Dresden

Dr. habil. Architekt Hanna Derer, Bukarest

Prof. Cengiz Dicleli, Institut für Angewandte Forschung, HTWG Hochschule Konstanz

Dr.-​Ing. Stefan Doliva, Beratender Ingenieur für Bauwesen, Berlin

PD Dr.-​Ing. habil. Sergej Fedorov, Fakultät für Architektur, Karlsruhe Institut für Technologie

Prof. Dr.-​Ing. Birgit Franz, Professur für Denkmalpflege und Bauwerkserhaltung, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen

Dr.-​Ing. Ingelore Gaitzsch, Ingenieurbüro Gaitzsch, Dresden

Prof. i.V. Dr. Olaf Gisbertz, Fachhochschule Dortmund

Prof. Dr.-​Ing. Valentin Hammerschmidt, Bonn

PD Dr. phil. Dr.-​Ing. Hauke Horn, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, TU Darmstadt

Dr. Dörthe Jakobs, Stuttgart

Prof. Dipl. Ing. Petra Kahlfeldt, Professur für Historische Baukonstruktionen, Denkmalpflege und Entwurf, Beuth Hochschule Berlin

Prof. Dr. Kai Kappel, Professur für die Geschichte der Architektur und des Städtebaus, Humboldt Universität Berlin

Prof. Dr. phil. Karl R. Kegler, Professor für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt, Hochschule München

Theresa Keilhacker, Kazanski Keilhacker Urban Design, Architektur, Berlin

Dr. des. Franziska Klemstein, Wiss. Mitarbeiterin für Digital Humanities, Bauhaus-​Universität Weimar

Dr. Waltraud Kofler Engl, Fakultät für Design und Künste, Freie Universität Bozen

Dr. Stefan W. Krieg-​von Hößlin, Kunsthistorisches Institut der Universität Leipzig

Prof. Dr.-​Ing. Dietmar Kurapkat, Professur für Denkmalpflege und Bauforschung, Masterstudiengang Historische Bauforschung, Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg

Dr.-​Ing. Dr.-​Ing. E.h. Karl-​Eugen Kurrer, Leiter des Arbeitskreises “Technikgeschichte” im VDI-​Bezirksverein Berlin-​Brandenburg e.V.

Prof. Dr. Andres Lepik, Direktor des Architekturmuseums der Technischen Universität München, Professor für Architekturgeschichte und kuratorische Praxis

Prof. Dr.-​Ing. Annette Menting, Professorin für Baugeschichte und Baukultur, HTWK Leipzig

Dr. Torsten Meyer, Berlin

Dr. Wittfrida Mitterer, Direktorin Kuratorium Technische Kulturgüter, Bozen

Dr.-​Ing. Wolfgang Mühlschwein, Büro für Tragwerksplanung im Baubestand, Dreieich

Prof. Dr. Matthias Noell, Professor für Architekturgeschichte und Architekturtheorie, Universität der Künste Berlin

Prof. Dr. Philipp Oswald, Professor für Architekturtheorie und Entwerfen, Universität Kassel, Vorsitzender Landesdenkmalrat Hessen

Dr.-​Ing. Gabriele Patitz, Vorsitzende des Vereins Erhalten historischer Bauwerke e.V., Karlsruhe

Prof. Dipl.-​Ing. Frank Prietz, Beuth-​Hochschule für Technik Berlin

Prof. Dr. Andreas Putz, Professur Neuere Baudenkmalpflege, Technische Universität München

Prof. Dr.-​Ing. Christian Raabe, Professur für Denkmalpflege und Historische Bauforschung, RWTH Aachen

Dr. sc. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor Landesdenkmalamt Berlin

Dr.-​Ing. Jörg Rehm, Technische Universität München

Prof. Dr. Carsten Ruhl, Lehrstuhl für Architekturgeschichte, Goethe-​Universität Frankfurt am Main

Prof. Dr. Ingrid Scheurmann, Honorarprofessorin für Denkmalpflege, TU Dortmund

Prof. Markus Schlempp, Fakultät Design, Studiengang Architektur, Hochschule Coburg

Univ.-​Prof. Dr.-​Ing. Mike Sieder, Institut für Baukonstruktion und Holzbau, Technische Universität Braunschweig

Univ.-​Prof. Dr. Wolfgang Sonne, Technische Universität Dortmund

Prof. Dr. Michael Staffa, HafenCity Universität Hamburg

PD Dr. Martino Stierli, The Philip Johnson Chief Curator of Architecture and Design, Museum of Modern Art, New York

Dr. Michael Streets, Dresden

Univ.-​Prof. Dr. sc. techn. Klaus Thiele, Technische Universität Braunschweig

Univ.-​Prof. Dr.-​Ing. Klaus Tragbar, Leiter des Instituts für Architekturtheorie und Baugeschichte, Universität Innsbruck

Prof. Dr.-​Ing. Christiane Weber, Institut für Architekturtheorie und Baugeschichte, Leopold-​Franzens-Universität Innsbruck

Prof. Dr.-​Ing. David Wendland, Professor für Bautechnikgeschichte, BTU Cottbus

Dr. Ulrike Wendland, Leiterin der Geschäftsstelle des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz

Prof. Thomas Will, Sen.-​Professor für Denkmalpflege und Entwerfen, Technische Universität Dresden

Prof. Dr. Thomas Winner, Professur für Bauingenieurwesen, IUBH Internationale Hochschule, Berlin


Wenn Sie die Petition ebenfalls unterschreiben möchten, senden Sie bitte eine E-​Mail an petitionpfauen@ethz.ch.