Seminarwoche HS22
IN:TANGIBLE

ISTANBUL, 23. – 29.10.2022

Eine Stadt ist mehr als die Summe ihrer Bauten. Im Laufe der Zeit stehen kulturelle Normen und Glaubenssätze, technologischer Fortschritt und Konflikte in einem Wechselspiel, und so wandeln sich auch die Bauten, die Stadtbewohner, ihr tägliches Leben und ihre Rituale. Neue Infrastrukturen beschleunigen das Stadtwachstum, während Brände, Überschwemmungen, Erdbeben oder Pandemien zu abrupten Veränderungen der Bausubstanz, aber auch der Demographie führen. Ältere Baumethoden werden durch neue ersetzt. Bauwerke werden vernachlässigt, angeeignet oder einer neuen Nutzung zugeführt. Öffentliche Räume bekommen – manchmal über Nacht – eine neue Bedeutung. Mit jeder Veränderung erhält die Stadt neue Schichten, wächst oder schrumpft. Jede Entscheidung, jede Handlung hinterlässt Spuren, mit denen die Vergangenheit zugleich die Zukunft beeinflusst. Teile des städtischen Erbes werden durch Bauwerke und Denkmäler, aber auch durch Gemälde, Bücher und Geschichten lebendig gehalten, andere gehen vergessen. In diesem Prozess erhält die Stadt allmählich ihren einzigartigen Charakter und gewinnt sowohl materielle als auch immaterielle Qualitäten.

Im Herbstsemester 2022 ist es unser Ziel, die Zusammenhänge zwischen Istanbuls materiellem und immateriellem Erbe zu entdecken. Indem wir alltägliche Rituale und Aktivitäten wie Essen, Handel, Lernen, Beten, Pendeln, Erholen und die damit verbundenen räumlichen Strukturen erleben, werden wir ihre Bedeutung für die Entwicklung der Stadt beobachten und diskutieren, ihre Vergangenheit und Gegenwart erforschen und über ihre Zukunft nachdenken.