Ansprechperson: Salome Schepers
Der kommunale Richtplan der Stadt Zürich sieht vor, grosse Teile der Stadt zu verdichten, um das Umland zu entlasten1. Durch die vorgesehene Verdichtung geraten hauptsächlich Wohnquartiere, die zwischen den 1950er und 1980er Jahren gebaut wurden und eine geringe Dichte aufweisen, immer mehr unter Druck. Viele Gründe sprechen dafür, diese Bauten zu ersetzten: Bevölkerungswachstum, Wohnungsnot, Klimaanpassung und -Widerstandsfähigkeit, Energieeffizienz und, zu einem wesentlichen Anteil, die Baukosten. Im Gegensatz zu denkmalgeschützten oder inventarisierten Gebäuden und Gebäudeensembles werden die Potenziale dieser Bauten kaum festgehalten und bewertet. Entsprechend übergeht der Planungsprozess die ökologischen Auswirkungen, die aufgrund der verlorenen Ressourcen des Bestandes beziehungsweise der Verwendung neuer Ressourcen für den Ersatzneubau entstehen, sowie wertvolle immaterielle Potenziale. Damit widerspricht die Strategie nicht nur den Klimazielen der Stadt2, sondern begünstigt den Verlust von wichtigen städtebaulichen Qualitäten, sozialer und ökonomischer Vielschichtigkeit und Spuren der Aneignung und Adaption, welche als wertvolle Ressource für die Stadt betrachtet werden müssen.3
Im Rahmen der Vertiefungsarbeit soll untersucht werden, wie diese bisher wenig beachteten Aspekte gesammelt und in den Planungsprozess miteinbezogen werden können. Dafür kann beispielsweise auf das Davos Qualitätssystem für Baukultur Bezug genommen werden, das «acht Kriterien für eine hohe Baukultur»4 definiert. Welche Informationen können gesammelt werden? Welche Kriterien sind wichtig? Wie können diese festgehalten und kommuniziert werden? Wie kann das Einbeziehen weiterer Aspekte städtebauliche Veränderungen beeinflussen? Die Stadt Zürich hat mit dem «Digitalen Zwilling» bereits eine erste transdisziplinäre Grundlage geschaffen, die für planerische Entscheidungsprozesse verwendet wird.5 Kann die Plattform mit weiteren Informationen der Stadt Zürich ergänzt werden, um den drohenden Verlust an materiellen und immateriellen Ressourcen in genannte Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen?
Die Vertiefungsarbeit kann sich entweder mit einer generellen Fragestellung oder einem konkreten Fallbeispiel beschäftigen. Die Arbeit soll ein Versuch sein, die Methode der Bauforschung um materielle und immaterielle Aspekte zu erweitern und aufgrund dessen die Bewertung des gegenwärtigen Baubestandes zu reflektieren.
1 Stadt Zürich (2019), «Kommunaler Richtplan Siedlung, Landschaft, öffentliche Bauten und Anlagen».
2 Stadt Zürich, «Ein neues Klimaschutzziel für Zürich», https://www.stadt-zuerich.ch/gud/de/index/departement/strategie_politik/umweltstrategie/klimapolitik/klimaschutz/netto-null-treibhausgase.html, besucht am 11.07.2022.
3 Langenberg S et al. (2022), «Verlust von Wert und Identität» in Neujahrsblatt 2022 des Stadtzürcher Heimatschutzes, pp. 32-7.
4 Schweizer Bundesamt für Kultur BAK, «Davos Qualitätssystem für Baukultur: Acht Kriterien für eine Hohe Baukultur», Bern 2021.
5 Stadt Zürich, «Digitaler Zwilling», https://www.stadt-zuerich.ch/portal/de/index/politik_u_recht/stadtrat/weitere-politikfelder/smartcity/projekte/zwilling1.html, besucht am 11.07.2022.